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Outdoor Seminar: "Natürlich gerben"


Auch wenn es im Zander Holzstudio eher um Holz geht, so lege ich ja auch einen großen Wert auf Nachhaltigkeit und Naturbezogenheit. Nein, ich bin kein Hobbyökologe oder 100%er Naturbursche, aber ich bin der Meinung, dass man Müll so stark wie möglich reduzieren sollte. Dazu zählt es auch, Naturmaterialien weiter zu verarbeiten so gut es geht. Daher habe ich mich bereits letztes Jahr zu einem 4-tägigen Gerberei-Seminar angemeldet bei https://wildniswissen.de/.



Frisch gesägte Eichenbohlen mit hervorragender Maserung. Da werden schöne Produkte draus gefertigt.
Frisch gesägte Eichenbohlen mit hervorragender Maserung. Da werden schöne Produkte draus gefertigt.
 

Warum eigentlich gerben lernen?


Die Verarbeitung von Häuten zu Fellen, Pelzen und Leder gehört neben dem Schmieden zu den ältesten Handwerken in der Geschichte und macht es für mich daher so sehr interessant. Eigentlich verbindet man das Gerben mit einem stinkend miefenden Prozess aber ich wurde eines Besseren belehrt. Denn es geht auch anders, wie ich erfahren musste.


Warum aber gerben lernen? Ich hatte mal eine Situation, in der ich gefragt wurde, ob ich ein paar Rehfelle haben möchte. Die Tiere wurden nach der Jagd geschlachtet und die Felle lagen dann auf der Ladefläche eines Pickup Trucks. Ich hätte sie mitnehmen dürfen, aber wusste halt nicht, wie ich sie verarbeiten kann. Somit musste ich sie leider zurücklassen und sie wurden in dem Wald zurückgelassen. Was für eine Verschwendung dachte ich, und ich denke, dass es solche Situationen auch woanders gibt. Um diese zu umgehen, wollte ich mich entsprechend weiterbilden und handwerkliche Fähigkeiten aneignen. Ich denke nicht, dass ich dies gewerblich machen werde, aber als Hobby nebenbei kann ich mir es durchaus vorstellen.


 

Tag 1 - Aufbau und Entfleischen


Am Donnerstagnachmittag ging es los mit dem Auto vollgepackt mit Zelt, Isomatte, Matratze, Rucksack, Feldbett, Reisetasche, Gummi & Co. (ja, wenn Camping, dann wenigstens komfortabel) in Richtung Strausberg, östlich von Berlin. Nach anfänglichen Komplikationen aus Berlin heraus zu kommen (Baustellen... yeayyy), kam ich dann nach einiger Zeit am Ziel an: eine einsame Waldhütte mehr oder mitten im Nirgendwo.


Nachdem das Zelt aufgebaut wurde, gab es eine gemeinsame Aufbauaktion des Arbeitsbereichs. Immerhin wurde Regen angesagt und wir mussten entsprechende Einrichtungen schaffen: Foliendächer spannen, Kochstelle vorbereiten, Feuer anmachen und einen Rundgang zur Solardusche und Bioklo :D


Das Lager, wo wir die ganze Zeit des Seminars verbracht haben
Das Lager, wo wir die ganze Zeit des Seminars verbracht haben

Damit war es aber auch nicht getan. Nach dem Abendessen (selbstgekochte Wildsuppe) gab es eine erste Intro zum Gerben und jeder Teilnehmer konnte sich eines der bereitgestellten Felle zur Verarbeitung aussuchen. Da ich gern mit einem Pelz arbeiten wollte, statt mit einem Leder, habe ich mich für ein einen Waschbärpelz entscheiden. Dann ging es auch schon los und der Abend begann damit, bis in die späten Abendstunden das Entfleischen am Gerbbock durchzuführen.


Leider war der Waschbär sehr stark mit Fleischresten und Gewebe versetzt und somit habe ich viel Zeit gebraucht bis nach Mitternacht. Die Stirnlampe war eine echte Hilfe und nach kurzer Zeit hatte ich schon Muskelkater. Auch hatte ich noch nie einen Pelz kastriert, denn auch Hoden und "Penisknochen" mussten entfernt werden per Hand. Das war zugegeben sehr ungewohnt, aber wer einen Entenbraten zerlegen kann, bekommt das auch hin. Besonders lobenswer für mich: meine selbstgeschmiedeten Messer wurden für ihre Schärfe gelobt :) Danach wurde der Pelz gewaschen und somit von Keimen entfernt.


 

Tag 2 - Fetten und Trocknen


Am zweiten Tag ging es munter weiter und der gewaschene Pelz wurde auf der Fleischseite am Lagerfeuer getrocknet. Das war allerdings nur einer von vielen Trocknungsschritten. Dadurch habe ich ein erstes Gefühl für die Verarbeitung von Haut bekommen und gelernt, wie ich diese handhaben muss. Nicht zu trocken werden lassen und immer weiter ziehen, um sie geschmeidiger werden zu lassen.


Dann ging es an die Fettbehandlung. Mit einem Mix aus Ei, Öl und Bio-Kernseife wurde die Haut eingerieben, einwirken lassen und wieder am Feuer getrocknet. Leider war das Trocknen ein sehr langwidriger Prozess am Feuer. Die Luftfeuchtigkeit tat ihr übriges. Durch immer weiteres Auseinanderziehen der Haut wurde sie weicher und lockerer. Allerdings dauerte dies auch den ganzen Tag, denn es musste 4x eingefettet und getrocknet werden.


Allerdings war es ein sehr schönes Erlebnis, dies in der Gruppe zu tun, denn jeder hat jeden motiviert und der Seminarleiter Matthias hatte immer ein offenes Ohr und ein wachsames Auge auf seine Schützlinge, damit wir auch alles richtig machen. In den Pausen gab es Kaffee, Tee, eine Brotzeit und lockere nette Gespräche. Jeder sorgte für jeden - vom Kaffee kochen, bis hin zum Abwaschen und gegenseitigen Helfen beim Hautziehen.


Der Pelz wurde auf der Fleischseite wiederholt gefettet und getrocknet
Der Pelz wurde auf der Fleischseite wiederholt gefettet und getrocknet
 

Tag 3 - Fetten, Trocknen und Weichziehen


Der dritte Tag startete dort, wo der Vortag aufhörte - fetten und trocknen. Dann ging es aber schon weiter. Jetzt startete der Spagat zwischen der Trocknung und das vorsichtige Ziehen der Haut zu einer Geschmeidigkeit. Da war ich mehr oder weniger erfolgreich, denn ich hatte anfangs wenig Gefühl dafür und die Haut wurde schnell hart. Allerdings bekam ich es relativ gut hin, indem ich die Haut auf der Fleischseite mit einem Stahlseil aufzurauen und über einen scharf angeschliffenen Holzstock zu ziehen. Das dauerte allerdings auch bis lange in die Nacht.


Allerdings war es bei Regen und Lagerfeuer recht gemütlich und alle waren gestärkt von einem sehr schmackhaften Wildgulasch. Absolut genial. Um 3 Uhr morgens, war dann allerdings auch Schlafenszeit. Es war schön zu sehen, welchen Fortschritt auch alle anderen Mitglieder der Gruppe. Jeder von uns hat sich vollends reingehängt und konnte echt stolz sein.


 

Tag 4 - Räuchern und Aufräumen


Nach 4 Stunden Schlaf ging es auch schon weiter. Nun ging es ans Räuchern und das war schon ein tolles Erlebnis. Nach dem Klammern der Haut mit unzähligen Wäscheklammern wurden die Häute von der Innenseite geräuchert. Alle 5 Minuten haben wir die Temperatur des Rauchs geprüft, damit die Haut nicht verbrennt. Sonst wäre nämlich die ganze vorige Arbeit für die Tonne gewesen.


Währenddessen wurde gemeinsam aufgeräumt und das Lager wieder abgebaut. Wieder haben alle mitgeholfen und fleißig in die Hände gespuckt. Somit war die Arbeit schnell erledigt und in einer gemeinsamen letzten Runde wurden die Felle und Häute nach dem Räuchern begutachtet. Es war wirklich fast wie Weihnachten. Nicht nur konnte man in sehr glückliche Gesichter aller Teilnehmer schauen, es war wirklich ein befriedigendes Gefühl, die Früchte der harten Arbeit zu ernten. Nach einer Abschiedsrunde ging es dann mit vollem Kofferraum und geplagt von Müdigkeit wieder nach Hause.


Die Häute und der Pelz wurden von der Innenseite geräuchert, damit das Fett eingeschlossen bleibt.
Die Häute und der Pelz wurden von der Innenseite geräuchert, damit das Fett eingeschlossen bleibt.
 

Fazit


Ich bin sehr froh, dass ich dem Seminar beigewohnt habe und es war einfach eine Erfahrung, die ich in meinem Leben nicht missen möchte. Auch wenn es nur ein Kratzen an der Oberfläche war, so bin ich mehr als motiviert, das erlernte Wissen weiter zu vertiefen und zu verfeinern. Immerhin gibt es sicher in der Umgebung auch Jäger, die nicht wissen, wie sie die Felle nutzen sollen. Warum soll man aber die Schätze der Natur nicht weiter sinnvoll nutzen?


Immerhin ist es auch ökologisch nachhaltig und sinnvoll, echtes Fell zu verarbeiten, statt sich ein Kunstfell aus Erdöl zu kaufen. Natürlich sollen Tiere nicht wegen des Fells getötet werden, sondern es sollte nur Fell genutzt werden, welches von nachhaltiger Jagd als Endprodukt übrigbleibt. Wilderei für Fell oder Trophäen unterstütze ich nicht.


Wenn du auch mal das Erlebnis eines Gerbkurses haben möchtest, schau gern mal auf der entsprechenden Seite vorbei.



 

Wenn dir meine Beiträge gefallen, dann freue ich mich natürlich über dein Feedback und auch über ein Abonnement von deiner Seite. Bleib dran für weitere Infos in der Zukunft.


Interessierst du dich für ein Servier- oder Schneidebrett aus dem Zander Holzstudio? Dann schaue doch einfach mal kurz im Shop vorbei und wähle deinen Favoriten aus. Natürlich alles absolute Unikate.


Besten Gruß aus der staubigen Werkelbude, Marco

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